Wer sich mit dem Gedanken trägt seine Laufräder zukünftig selbst warten und/oder bauen zu wollen, braucht zunächst nicht viel, ein Speichenschlüssel tut es für den Anfang. Schnell erwächst bei den meisten aber dann der Wunsch nach einem Zentrierständer, und dann dauert es auch nicht mehr lange bis man eine Zentrierlehre kaufen möchte, sofern nicht bereits geschehen. An alle die noch keine Zentrierlehre ihr eigen nennen oder mit der die sie haben nicht zufrieden sind, oder die schon immer mal wissen wollten was eine Zentrierlehre ist und was sie macht – für alle die ist dieser Artikel.
Was ist eine Zentrierlehre?
Eine Zentrierlehre ist ein Werkzeug zur Mittenkontrolle bei der Herstellung und Wartung von Speichenlaufrädern für Fahrräder. Es gibt sie verschiedensten Konstruktionsdesigns: gerade, gebogen oder dreiecksförmig, wobei sie immer mindestens so groß sein muss wie der größte kommerziell erhältliche Felgendurchmesser (28er/29er/ …). Sie hat in der Mitte einen “Fühler” und zwei Enden die jeweils auf der Felge aufliegen.
Wofür braucht man eine Zentrierlehre?
Sinn und Zweck einer Zentrierlehre ist es das Laufrad “einzumitten”, also dafür zu sorgen, dass der Abstand von der Mitte der Felge zum Nabenäußeren auf beiden Seiten identisch ist. Ausnahme: Notwendigkeit der asymetrischen Einspeichung, wie etwa beim Fatbike Pugsley von SURLY oder dem Liteville EVO6-Rahmenstandard.
Arbeiten mit einer Zentrierlehre
Um ein Rad einzumitten, beziehungsweise dessen Mittigkeit zu prüfen setzt man die beiden Enden auf die Felge auf und stellt den Fühler in der Mitte so ein, dass die Zentrierlehre an alle drei Punkten plan aufliegt, so dass weder der Fühler Luft hat, noch sich die Zentrierlehre über die Nabe hin-und her kippen lässt.
Dann dreht man das Laufrad um und setzt die Zentrierlehre in gleicher Weise an OHNE ihre Voreinstellung zu verändern. Ist das Laufrad mittig, dann hat die Zentrierlehre keine, bis minimales Spiel. Ist das Laufrad nicht mittig muss es eingemittet werden, indem man entweder die Speichen der einen Seite etwas lockert und die der anderen Seite anzieht, oder, man bei einem Laufrad das noch ein gutes Stück von der Zielspannung der Speichen entfernt die Speichen der weiter entfernte Seite ein bis mehrere Durchgänge anzieht.
Grundsätzlich bietet es sich an die Mittigkeit von Anfang an mit im Auge zu behalten. Gute Zentrierständer können dies zwar durch ihr Design, das eine gute Einmittung gewährleistet, doch bietet es sich dennoch an, das Laufrad hier und da mal heraus zu nehmen und mit einer Zentrierlehre die Mittigkeit zu prüfen.
Tipp: Wenn man keine Zentrierlehre zur Hand hat ist das auch kein Beinbruch, man kann genauso einen Zentrierfühler dazu verwenden. Dazu dann einfach das Rad aus dem Zentrierständer heraus nehmen, um 180° drehen, und ohne Veränderung der Einstellung des Fühlers das Rad einsetzen. ist es nicht mittig ist der Abstand zum Fühler entweder zu groß oder zu klein und ich kann es nicht einsetzen.
Lösung
Fall 1: zu viel Luft – einfach den Fühler verstellen, so dass der Abstand halbiert ist.
Fall 2: zu wenig Luft – Messen wie weit der Fühler ca. über den Felgenrand in die Felge hineinragt, Laufrad wieder wie davor einsetzen und den Fühler ein Stück um die Hälfte dessen zurück setzen (also bei 4 mm die Hälfte = 2 mm).
Allerdings nervt diese Technik mit der Zeit, darum arbeitet es sich auf Dauer mit einer Zentrierlehre angenehmer, präziser und schneller.
Worauf sollte man beim Kauf einer Zentrierlehre achten?
Einmittungslehren sind zwar keine Hightech-Produkte, dennoch gibt es große Unterschiede. Ein wesentlicher Punkt ist die Art von Laufrädern die gebaut und gewartet werden sollen. Handelt es sich “nur” um Rennrad-Laufräder oder sollen auch Tubeless MTB-Laufräder gewartet werden? Nicht alle Zentrierlehren können mit Laufrädern mit aufgezogenen und aufgepumpten Reifen umgehen, und das Tubeless System ohne Not nur zur Mittenkontrolle “aufbrechen” ist zeitaufwendig, schmutzig und im Jahre 2020 einfach schlechte Praxis. Ein weiterer Punkt sind Steckachsen. Während es früher fast nur den “9mm Standard” gab, egal ob nun Schnellspanner oder mit Mutter, so sind heute Steckachsen das neue Normal bei höherpreisigen Neurädern.
Verschiedene Zentrierlehren im Vergleich
Park Tool WAG-5 Zentrierlehre | Park Tool WAG-4 Zentrierlehre | Minoura Zentrierlehre |
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Preis ca. 37 EUR | Preis ca. 52 EUR | Preis ca. 32 EUR |
Tacx Zentrierlehre T4585 | VAR Profi Zentrierlehre | SuperB TB-1930 Zentrierlehre |
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Preis ca. 32 EUR | Preis ca. 88 EUR | Preis ca. 42 EUR |
Fazit und Kaufempfehlung
Ich baue meine Laufräder seit Jahr und Tag mit einer Minoura-Zentrierlehre. Das soll aber nicht heißen, dass ich sie empfehle. Sie ist für den Hausgebrauch OK und als ich sie vor 15 Jahren gekauft habe hatte ich keine Ahnung, auch war die Auswahl nicht so groß. Zwischenzeitlich hat sich die Technologie, vor allem auch durch Innovationen im MTB-Bereich rasant weiterentwickelt. Ich nenne nur mal einige Stickworte: Steckachse, Tubeless, Fatbike. Das hat natürlich auch die Anforderungen an das Laufradbauwerkzeug verändert.
Würde ich sie mir die Minoura-Zentrierlehre heute nochmal kaufen? NEIN. Nicht weil sie schlecht ist, aber da ichmittlerweile Tubeless und Steckachse fahre ist sie für meine Bedürfnisse nicht mehr optimal geeignet. Allerdings ist mein Laufradbau-Aufkommen zu gering um mir deshalb eine Neue zu kaufen. Würde ich mir aber eine kaufen würde ich definitiv Geld in die Hand nehmen und mir die VAR Zentrierlehre kaufen.
Warum?
Wegen ihrem Fühler! 16″ – 29″ Laufräder mit aufgezogenen Reifen können die Park Tool WAG-4 und die SuperB TB-1930 zwar auch, aber die VAR Zentrierlehre hat den besten Fühler von allen, der er sich wie eine glocke über das Nabenende stülpt und nicht nur darauf “steht”.
Siehe hier:
Bild: VAR
Im Vergleich zur Park Tool WAG-4:
Bild: Amazon
Daher meine klare Kaufempfehlung für die VAR RP-14300 Profi-Zentrierlehre!